Berliner Kindl Weisse

Man hat schon seine Schwierigkeiten, die Berliner Weisse als Weißbier ernst zu nehmen. Zu klein wirkt die Flasche, zu verzagt schaut der Junge auf dem Etikett aus seinem Krug hervor. Und dennoch: Die Berliner Weisse ist ein echtes Bier und darf auch mal ohne Beimischung probiert werden. Da sie unter anderem mit Milchsäurebakterien vergoren wird, hat sie einen eher säuerlichen Geschmack, der an Gosenbier erinnert, das im Leipziger und Goslaer Raum bekannt ist. Auch die statistischen Werte hauen einen nicht vom Hocker. Der Stammwürzegehalt ist so gering, dass die Weisse zu den Schankbieren gezählt wird und beim Alokoholgehalt kommt das Bier auf glatte 3%. Ob es trotzdem einen Versuch wert ist? Wir haben es probiert!

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Duft und Farbe
Das erste Duftwölkchen, das aus der Flasche emporsteigt, erinnert eher an Sekt als an Bier. Und auch die zweite Nase ist erstaunt, riecht sie doch eher etwas in Richtung von Sirup. Im Glas zeigt sich das Bier minimal eingetrübt und von recht heller, nicht sehr intensiver Farbe. Der Schaum wirkt cremig und feinporig.

Einstieg
Der Duft hält, was er verspricht. Die Berliner Weisse ist ganz anders als andere Biere und überrascht den Probierenden mit einer interessanten sauren Note. Zunächst wird vor allem die obere Mundhälfte angesprochen, was den Körper noch als dezent erscheinen lässt.

Körper und Geschmackdav
Der Geschmacksbogen dieses Bieres ist faszinierend. Dominieren anfangs die sauren Noten, die tatsächlich an Sekt oder auch französischen Cidre erinnern, so kommen später die vom Weizenbier bekannten runderen Aromen heraus, die fast etwas hefiges und auch fruchtiges an sich haben. Beim genauen verkosten kann man sogar eine Spur Vanille erahnen. Man braucht ein paar Schlücke, um die Berliner Weisse als Bier ernst zu nehmen, entdeckt aber beim genauen Hinschmecken durchaus die Feinheiten des Geschmacks und den säuberlich gespannten Bogen, den er zieht.

Abgang
Für die sauren Geschmacksanteile, die sich vor allem anfangs Bahn brechen, ist das Bier erstaunlich mild im Abgang. Hier dominieren tatsächlich die runden, vom klassischen Weizen bekannten Elemente. So flutscht die Weisse ganz entspannt von dannen und hinterlässt nichts als Erfrischung.

Kohlensäure
Die Berliner Weisse kommt durchaus spritzig daher, was anfangs die Assoziation mit Sekt unterstützt. Diese Spritzigkeit wirkt sich allerdings nicht negativ auf den Gesamteindruck aus.

Süffigkeit
Dieses Bier ist wohl mehr erfrischend als süffig. Geübte Berliner Weisse-Trinker könnten dem allerdings widersprechen und diesem Bier eine höhere Süffigkeit attestieren. Übung machts hier wohl…

Fazit
Wer nach Berlin kommt und mal etwas anderes erleben möchte, der sollte die Berliner Weisse probieren – aber ohne Schuss! Denn so kann man die Weisse erleben, wie sie gedacht war: sauer, anders, erfrischend! Ein Bier, nicht für jeden Tag, aber durchaus mal zum Kosten.

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zur Brauerei
„Schultheiss oder Kindl?“ – „Scheißegal!“ Diesen kurzen Dialog aus Sven Regeners 2001 veröffentlichtem Buch „Herr Lehmann“, das 2003 verfilmt wurde, dürfte vielen bekannt sein. Und vielleicht war es schon ein kleine Vorausahnung darauf, dass 2006 die beiden traditionellen Berliner Brauereien Kindl und Schultheiss fusionierten. Die Geschichte der beiden Marken reichen allerdings viel länger zurück. So wurde die Schultheiss Brauerei 1842 und die Berliner Kindl Brauerei 1872 gegründet. Heute dominieren sie mit ihren Marken den Berliner Markt. Die neu geschaffene Großbrauerei gehört wiederum zur Radeberger Gruppe im Oetker-Konzern.